Sturm Und Drang & Aufklärung

Fachwissenschaftliche Informationen

Denn während die Dichter der Aufklärung als geeignetes Mittel zur Veränderung vor allem die Vernunft und den Verstand ansahen, sollte nach Meinung der Stürmer und Dränger der ganze natürliche Mensch aus Fleisch und Blut, mit Vernunft und Emotionen, Leidenschaften, Trieben und Gefühlen diese Ziele erreichen. Denn nur so wurden die Menschen ihrer Meinung nach zu Höchstleistungen und Selbstverwirklichung angesport, und nur so konnte der Dichter zum schöpferischen Genie werden.

Aufklärung und Sturm und Drang verfolgen ein gemeinsames Ziel: Emanzipation des Individuums von allen Zwängen. Aber die Genies verlangen Selbstverwirklichung nicht nur im Bereich des Denkens, sondem- unter Berufung auf Rousseau - auch der Gefühle. Mit seinem Genie-Kult erweitert der Sturm und Drang das aufklärerische Menschenbild. Ziel ist die Totalität der Selbsterfahrung und Selbstbestimmung

Merkmale

Sturm und Drang ist im engeren Sinne die Literatur des Jahrzehnts zwischen 1770 und 1780, getragen von den damals 20- bis 30-Jährigen; eine Rebellion der Jugend gegen Tradition und Autoritäten, Aufstand der Söhne gegen die Väter. Diese Literatur setzt sich bewusst von den Regeln, der Sprache, den Themen der vorangegangenen Aufklärungsliteratur ab; sie behandelt - besonders in den Dramen. der bevorzugten Gattung der Epoche -neue, eigene Themen, vor allem den Konflikt des Genies mit der bestehenden Ordnung, z.B. in der Familie (Brudermord, Vatermord, Kindsmord). Die Sturm-und-Drang-Autoren sehen sich selbst ebenso wie ihre literarischen Figuren als Originalgenies; dank ihrer schöpferischen Kraft stehen sie über allen Normen, schaffen Neues wie die vergötterte Natur selbst und fühlen sich daher gottähnlich. Im Sturm und Drang wird Literatur zum Medium der Ich- Findung, sie muss daher wahr, echt, also authentisch sein; sie soll die unverfälschte Sprache der Leidenschaft sprechen.